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Sprich mit mir

Kurzgeschichte - Sprich mit mir

Sprich mit mir

(Ein Traum wird zu einer Kurzgeschichte)

Die folgende Kurzgeschichte existierte zuerst als ein Traum. Die Länge des Traumes bot sich daher an, daraus eine Kurzgeschichte zu verfassen. So wird Dream to Reality, d.h. ein Traum zu einem Bestandteil der Alltagswelt…

(Eine fantastische Kurzgeschichte von © Jonathan Dilas)


Mein Blick fiel auf die analoge Uhr an der Wand. Die Zeit schien heute förmlich zu kriechen. Der einzige Lichtblick war die Mittagspause, die in wenigen Minuten beginnen würde.

In mickriger Vorfreude sperrte ich ganz gemächlich die Arbeitsstation des Computers ab, holte mein Lunch-Paket heraus und legte es für die Pause zurecht. Mein Blick wanderte zum Fenster und ich stützte für die letzten Minuten meinen Kopf auf den Händen ab und betrachtete den Hof. Dort erblickte ich die hübsche Kollegin aus dem Nebenbüro.

Sie trug dieses Mal eine sehr enge Jeans, ein weißes Top, unter dem sich fein ihr BH abzeichnete, und ihre mir bereits bekannten, weißen, spitzen Pumps, die so fantastisch geformt waren, dass diese allein schon darauf hinwiesen, welche Klasse diese Frau besaß. Sie trug diese Schuhe häufiger, besonders dann, wenn es zum Wochenende ging.

So manches Mal stellte sie sich demonstrativ mit dem Rücken vor mich hin und hielt Smalltalk mit ihrer Kollegin, doch glaubte ich sicher sein zu können, dass sie mir einfach nur ihren knackigen Po vor die Nase halten wollte. Ich war mir nicht sicher, ob es einfach daran lag, dass sie es liebte, ihren Mitarbeitern den Kopf zu verdrehen oder ob sie tatsächlich etwas von mir wollte. Bisher hatten wir uns noch nichtmals in die Augen geschaut, geschweige denn in irgendeiner Form miteinander geredet.

Schwer riss sich mein Blick von ihr los. Ich schnappte mein Lunch-Paket und ging nach draußen auf den Hof. Dort standen überwiegend die Raucher herum, die sich lieber für eine Zigarette denn für ein Sandwich entschieden. Sie stand nicht weit vom Eingang entfernt und unterhielt sich wieder mit einer Arbeitskollegin.

Heute wollte ich einmal den Spieß umdrehen und etwas ganz Unerwartetes tun. Andere hätten in diesem Moment vielleicht daran gedacht, dass ich sie anspreche oder zum Essen einlade, aber in meinem Fall war es nur so, dass ich mich nun demonstrativ hinter sie stellte, um wieder einmal den schönen Ausblick auf ihren Rücken, ihre glatten Haare und diesen unbeschreiblichen Po zu erhalten.

Ich wunderte mich, wieso dies ausschließlich mir aufzufallen schien, denn die anderen Kollegen besaßen keinen Blick für diese Frau.

Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Jemand rief etwas und zeigte zum Himmel.

Ich erkannte einen silbernen oder weißen Helikopter, der mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf uns zuraste und innerhalb von zwei Sekunden zu uns herangeeilt und über unsere Köpfe hinweggerast war. Niemand wollte so recht seinen Augen trauen, denn kein Helikopter dieser Welt konnte diese Geschwindigkeit erreichen. Unsere Köpfe verfolgten dieses seltsame Gefährt, wie es nun seine Geschwindigkeit verlangsamte und eine Schleife drehte. Erst jetzt fiel mir auf, dass eine Art Seil an dem Hubschrauber befestigt war, an dem etwas hing, das wie ein Skelett aussah.

„Was ist das?“, hörte ich Georg, meinen Arbeitskollegen, rufen, der sich gerade eben zu mir gestellt hatte und gedankenlos mit seiner Brötchentüte knisterte. Wieder ein anderer meinte, dass der Helikopter einfach aus dem Nichts aufgetaucht sei, als wäre er hergebeamt worden.

„Ein Helikopter“, meinte ich zu ihm, während ich mich selbst dabei ertappte, dass es mit dieser Betonung eher wie eine Frage an mich selbst klang.

Gebannt schauten wir dem Manöver zu, wie der Helikopter eine Schleife zog und noch einmal über unsere Köpfe hinwegflog, doch dieses Mal fiel das Skelett samt dem Seil in die Menge. Mehrere Knochen polterten zu Boden, hüpften noch einmal auf, splitterten oder sprangen noch hoch.

Einige Kollegen schützten ihr Gesicht, aus Angst, die Splitter könnten in ihre Augen schießen, während ich innerlich stutzte und gebannt dem Geschehen zusah, denn ich war ein wenig darüber verwundert, wieso sich dieser Pilot in der ganzen Welt gerade meine Mittagspause und diesen Hof aussuchte, um einfach nur blanke Knochen abzuwerfen.

Jetzt war der Moment gekommen, in dem die ersten Kollegen in Panik geraten konnte und man die ersten Schreie vernahm. Viele liefen nun zurück ins Gebäude, da sie den Piloten als verrückt oder feindlich eingestuft hatten, doch ich blieb weiterhin wie gebannt auf meinem Fleck stehen und schaute dem Treiben zu.

Nun erkannte ich, dass der Pilot Schwierigkeiten bekam und mit seinem Fahrzeug ins Trudeln geriet. Es wirkte so, als würde er die Beherrschung über sein Gefährt verlieren… die Nase wies bereits zu weit nach unten und ich erkannte deutlich, wie er versuchte, den Helikopter wieder unter Kontrolle zu bringen, aber er schaffte es nicht und stürzte ab.

Eine große Explosion erschütterte die Gebäude um uns her. In der Nähe zersprangen sofort einige Fensterscheiben. Der Helikopter war in einem der Bürobungalows, in ungefähr einem halben Kilometer Entfernung, gestürzt und hat ihn vermutlich gänzlich zerfetzt. Mehrere Betonbrocken flogen durch die Luft.

Rauch stieg auf. Mittlerweile waren, außer mir und Georg, ins Haus gerannt. Sie hatten befürchtet, dass die Explosion unser Gebäude einreißen oder gar zur Explosion bringen könnte.

Die Druckwelle reichte jedoch exakt bis zu unserem Hof und verblasste in einen seichten Windzug unmittelbar vor meinem Gesicht. Sie hatte genau bis zu dem Fleck gereicht, an dem ich stand. Dies machte mich umso stutziger und meine erneute Verwunderung gesellte sich zu all den anderen seltsamen Zufällen, die gerade geschehen waren.

Bevor ich jedoch weiter darüber nachdachte, rannte ich los! Ich wollte als einer der ersten am Unfallort sein und den verrückten Piloten sehen – falls noch irgendetwas von ihm übrig war. Mein Gefühl sagte mir, dass er gewiss kein Mensch war. Allein das Aussehen des Helikopters samt seiner Eigenschaften wirkte sehr befremdlich und sogar ein wenig außerirdisch.

Um zum Unfallort zu gelangen, musste ich über den Parkplatz mit den Gebrauchtwagen des anwohnenden Händlers laufen. Doch kaum erreichte ich den Parkplatz, sah ich, dass sich viele der Autos bewegten, hupten und sich, wie von Geisterhand verursacht, ständig das Licht ein- und ausschaltete.

Zuerst hatte ich geglaubt, dass in ihnen Menschen saßen, die einfach von dem Ort fliehen wollten, aber dann realisierte ich ziemlich schnell, dass niemand in ihnen saß und eine unsichtbare Kraft dafür sorgte, dass sie sich selbstständig bewegten. Ein Mann rannte in entgegengesetzter Richtung an mir vorbei und seine Panik wurde nur noch geschürt, als er die hupenden Autos erblickte.

Wie in Zeitlupe rannte er an mir vorbei, schaute mir mit seinen entsetzten Augen direkt ins Gesicht, nur um danach wieder beschleunigt weiterzurennen.

Eigentlich hätte mir dies genügend Anlass geben sollen, ebenfalls umzukehren und das Weite zu suchen, aber ich wollte erst einmal am Unfallort ankommen und nachschauen, was vorgefallen war.

Kaum eine Minute später hatte ich es geschafft: Ich sah den Bungalow einer Bürofirma, in dessen Dach nun der Helikopter steckte. Flammen schlugen aus dem Gebäude und dicke Rauchwolken stiegen aus einigen der zersprungenen Fenster heraus.

Mein Blick fiel sofort auf eine Gestalt, die sich am Eingang des Bungalows zu schaffen machte. Das, was ich nun sah, als sich die Gestalt langsam aus der Rauchwolke schälte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren!

Es war tatsächlich ein Alien! Und dem nicht genug, denn es sah wirklich nicht so aus, als wäre es in friedlicher Absicht gekommen. Als es die Tür aufriss und ins Freie trat, sah ich seine erschreckende Erscheinung in ganzer Gestalt.

Er schien überwiegend aus Kopf zu bestehen, denn er wies allein eine Höhe von vielleicht 1,50 Meter auf und wurde von zwei stämmigen, kurzen Beinen gestützt, dessen Knie nach hinten wiesen und gebogen waren. Seine Arme wirkten nicht kräftig, aber bestanden vermutlich ausschließlich aus dicken Sehnen. Die Haut war beinahe schwarz und wirkte sehr metallisch.

Der schrecklichste Moment war, als er sein Maul aufriss und die größten und spitzesten Zähne zum Vorschein kamen, die ich jemals in meinem Leben gesehen hatte. Jeder einzelne Zahn war mit Sicherheit über 30 cm lang und wirkte höllisch spitz.

Dieses rätselhafte Wesen suchte die Umgebung ab und im nächsten Moment trafen sich unsere Blicke. Sie bohrten sich ineinander und seine großen, dunklen Augen funkelten wild und entschlossen. In seinen Augen las ich seine Botschaft: er war wegen mir gekommen.

Nunmehr kam einer der Momente, in denen man erkennt, dass man vielleicht doch auf jene Menschen hätte hören sollen, die einem mit Panik verzerrten Gesichtern entgegengekommen waren und vom Geschehen fortrannten und nicht zu ihm hin. Schnell drehte ich mich um und lief so schnell ich konnte, nur weg von diesem seltsamen Ding. Im gleichen Augenblick hörte ich Schreie und war mir ziemlich sicher, dass dieses Untier aus einer anderen Welt eben mal eine Frau rücksichtslos zerrissen und verspeist hatte.

Für einen kurzen Augenblick erinnerte ich mich an eine Auseinandersetzung, die ich einmal mit einem Wolf hatte, der überdimensional groß war und eine kleine Stadt in Panik versetzte. Er war in der Lage, Menschen mit einem Biss zu verschlingen. Dieses Mal jedoch schien der Wolf ziemlich harmlos gegen diesen Alien zu sein, denn es war um ein Vielfaches gewandter und schneller, denn bevor ich mich versah, stand es schon vor mir, obwohl es sich gerade eben noch hinter mir befunden hatte.

Mein Blut schoss mir in den Kopf und meine Ohren summten. Ich zitterte am ganzen Körper und Angst stieg in mir hoch. Eines war nun sicher, dieses Ungetüm war aus einer anderen Welt gekommen, um mich zu vernichten!

Georg war längst verschwunden. Er hatte zugesehen, dass ihn das alles nicht betrifft und ich konnte es ihm überhaupt nicht verübeln, denn gegen diesen Gegner hätte niemand helfen können, wenn er gerade nicht rein zufällig eine Panzerfaust in seinem Aktenkoffer gehabt hätte. Langsam schloss ich mit meinem Schicksal ab, denn der Gegner war übergroß und ich konnte ihm nichts entgegensetzen. Seine Gewandtheit, seine Gefräßigkeit und Kälte schienen mir überdimensional groß und unüberwindbar.

Langsam schritt der Alien auf mich zu und hob seinen Arm. In seinen Klauen erkannte ich eine metallische Scheibe. Als er ausholte, ahnte ich, dass er mich mit dieser Scheibe töten wollte. Vermutlich warf er sie wie einen Diskus und würde meinen Kopf von den Schultern trennen.

Gerade als er zum Wurf ausholte, geschah etwas sehr Seltsames. Ich befand mich plötzlich an einem anderen Ort! Alles um mich herum hatte sich blitzschnell verwandelt und ich fand mich vor dem Schaufenster irgendeines Geschäfts wieder. Ich benötigte einige Augenblicke, um mich zu orientieren und dann erinnerte ich mich, wo ich mich befand: Dieses Geschäft… dieses Schaufenster… diese Tür… Ich war in einer anderen Zeit, d.h. in meiner Vergangenheit.

Nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Hier hatte alles begonnen. An diesem Ort hatte ich eine Entscheidung in meinem Leben getroffen, die den weiteren Verlauf meiner eigenen Geschichte so beeinflusst hatte, dass es zu der Auseinandersetzung mit diesem Alien gekommen war. An diesem Tag hatte ich es versäumt, einen Wissenschaftler aufzusuchen, der in diesem Geschäft lebte, auch wenn ich einen Termin mit ihm hatte.

Er beschäftigte sich mit der Entwicklung eines so genannten Emotion-Pads, einer Neuentwicklung, die es ermöglichen sollte, Gefühle in Menschen zu verstärken. Ich hatte ihm damals nicht wirklich geglaubt und mich im Verlaufe des Tages darauf geeinigt, diesen Unsinn nicht weiterzuverfolgen und den Termin mit ihm abgesagt. Gleichzeitig erinnerte ich mich auch, dass die Anwesenheit des Aliens die Autos in Bewegung gebracht hatte.

So schlussfolgerte ich, dass seine Anwesenheit auch dafür gesorgt hatte, dass es zu dieser Zeitverschiebung gekommen war. Doch was dieser Alien nicht wissen konnte war, dass ich nun die Möglichkeit besaß, die Zukunft, ja, meine Zukunft umzugestalten. Nie wieder würde ich dieses fiese Ding sehen müssen und hoffte, heute richtig zu handeln und meine Erinnerungen an die Zukunft zu verändern…

Ich riss die Tür auf und betrat das Geschäft. Zumeist verdiente er sein Geld mit diesem Bio-Laden, doch in seinem Hinterzimmer befand sich sein Labor, in dem er seinen persönlichen Forschungen nachging. Er glaubte, dass die Entwicklung eines E-Pads die technische Antwort auf all den psychologischen Kram mit seinen Therapien und endlosen Spekulationen sein würde.

Es hatte mich stets interessiert, wenn ein Mensch in der Lage war, eine Erfindung zu entwickeln, die in einem solchen Umfang hilfreich sein würde, doch in seinem Fall hatten einfach meine Zweifel gesiegt. Ich konnte mir absolut kein Gerät vorstellen, dass die Gefühle eines Menschen verstärken könnte. Normalerweise wäre dazu doch ein Psychologe oder ein Mensch mit psychologischem Geschick notwendig.

Als ich eintrat, begrüßte mich der Wissenschaftler sehr freundlich und herzlich. Er schüttelte meine Hand immer wieder und wies mich an, ihm ins Labor zu folgen. Vermutlich war ich genau an dem Zeitpunkt gelandet, an dem unser Treffen normalerweise stattgefunden hätte.

Dort angekommen holte er einen Holzkasten hervor. Langsam öffnete er ihn und präsentierte mir seinen E-Pad. Es war ein beinahe herzförmiger Gegenstand, der die Konsistenz eines Nadelkissens besaß, der vielleicht von einer Art Gummischicht überzogen war. Mit dem Finger strich ich über das beigefarbene Material und es kribbelte in meinen Fingern.

„Das ist mein E-Pad.“, verkündete er stolz und holte es langsam aus der Schatulle heraus. „Sie müssen wissen, dass ist eine revolutionäre Erfindung.“

„Funktioniert es wirklich?“, fragte ich ungläubig. „Und wie haben Sie es entwickelt?“

„Das darf ich ihnen nicht mitteilen. Das Patent ist noch nicht angemeldet und beglaubigt, aus diesem Grund möchte ich darüber noch absolutes

Stillschweigen bewahren. Später werden wir über die technischen Details sprechen. Sie sollten jetzt einmal dieses E-Pad ausprobieren und mir mitteilen, was es mit Ihnen anstellt…“

Als er mir das Pad gab, sah ich doch ein Glitzern in seinen Augen, als wüsste er genau, was nun folgen würde. Langsam nahm ich es entgegen und platzierte es in meine Hand. Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Knall und wir hörten Glas bersten. Die Schaufensterscheibe war vermutlich zerbrochen worden und meine Nackenhaare stellten sich sofort auf!

Nun hörte man ein lautes Poltern im Verkaufsraum und ließ Fürchterliches ahnen… und schon schoss es mir durch den Kopf, was geschehen war: Dieses verdammte Alien war mir tatsächlich in die Vergangenheit gefolgt!

Der Wissenschaftler riss seine Augen auf und wurde augenblicklich ganz blass vor Schreck. Ich schnappte mir seinen Arm und fragte nach einem Hinterausgang. Er war irritiert und konnte nicht so recht mit seiner Sprache heraus. Er zitterte am ganzen Leib und nur langsam hob er seinen Arm und wies auf eine Tür weiter rechts von uns. Schon hatte ich ihn hinter mich hergezogen und lief in den nächsten Raum, in der Hoffnung, dort gab es einen weiteren Ausgang. Die Benutzung des vorderen Eingangs war mit Sicherheit nicht mehr möglich…

Ich entdeckte ein großes Fenster. Schnell öffnete ich es und wir sprangen hinaus. Dann liefen wir einfach nur noch um unser Leben!

Nach einer halben Stunde hatten wir es bis zu einem Waldstück geschafft. Dort ließen wir uns auf einem abgesägten Baumstamm nieder und verschnauften erst einmal.

„Was ist denn los?“, fragte er nun, während er hektisch seine Brille von der Nase zog und sie mit einem gelben Tuch reinigte.

„Ich… ich kann ihnen das nicht sagen. Sie würden es mir auf keinen Fall glauben!“

Er zog seine Stirn kraus und setzte wieder seine Brille auf: „Werden Sie verfolgt? Oder wieso hat jemand meine Schaufensterscheiben eingeschlagen?“

Ich wusste, dass es nichts bringen würde, ihm davon zu erzählen. Nicht nur, dass es sich bei ihm um einen Wissenschaftler handelte, einem Menschen, der nur das glaubte, was er sehen, überprüfen und testen konnte, sondern meine Geschichte war dermaßen unglaubwürdig, dass sie mir niemand geglaubt hätte, wenn er nicht unmittelbar dabei gewesen wäre.

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich noch immer sein E-Pad in den Händen hielt. Ich fragte mich, ob es nur funktionierte, wenn man sich darauf konzentrierte. Sofort fragte ich ihn.

„Dieses Pad wirkt nur, wenn man es streichelt. Immer wieder sachte darüber streicheln. Irgendwann wird es dann warm und entfaltet seine volle Wirkung.“

Ich schaute es mir noch ein wenig an, aber war keinesfalls in der Stimmung, es nun auszuprobieren. Immerhin hatte es genügend Aufregung gegeben und ich konnte nicht behaupten, dass es nicht ausreichend Gefühle gegeben hatte.

Es knackte irgendwo im Unterholz.

Kaum hatte ich meinen Kopf gehoben, sah ich das Alien in einigen hundert Metern Entfernung durch den Wald auf uns zurasen. Seine Geschwindigkeit war überirdisch schnell und ein kurzer Blick zum Wissenschaftler zeigte mir, dass er es auch wahrnehmen konnte.

„Oh mein Gott! Was ist das?“, rief er mit zittriger Stimme aus, während ich hektisch das E-Pad in der Jackentasche verschwinden ließ.

Ich wünschte mir, ich hätte noch die Zeit finden können ihm zu sagen, dass es das ist, was er mir vermutlich niemals geglaubt hätte. Nun vermitteln Erfahrungen oftmals mehr als es tausend Worte hätten vollbringen können und schon sprang ich auf, ergriff wieder seinen Arm und zog ihn zu einem großen Haufen an Baumstämmen, die jemand dort aufgetürmt hatte.

Eigentlich war es mein allerletzter Verzweiflungsakt, denn wenn wir nun hektisch um diese Baumstämme rennen würden, um uns das Alien vom Hals zu halten, so wäre es auf jeden Fall schneller sein als wir. Doch in einer solchen aussichtslosen Situation griff man nach dem kleinsten Strohhalm, der sich einem darbot.

Der Wissenschaftler war verstummt und er torkelte wie ein Betrunkener hinter mir her, während ich mich ständig orientierte, wo sich das Alien befand. Ich brauchte wirklich nicht lange nach ihm suchen, denn es stand nun unmittelbar vor mir. In seinen Händen hielt er wieder eine dieser seltsamen, metallischen Diskusse, die er nach mir werfen wollte.

Im letzten Moment ergriff ich einen dicken Ast, der am Boden lag und wollte mich ihm damit stellen. Wenn ich nun hier meinen Tod finden würde, dann gewiss nicht wie ein wimmernder Feigling, der sich nicht zur Wehr setzen würde. Ich stieß den Wissenschaftler von mir und rief ihm zu, dass er verschwinden soll. Ich war mir nun wirklich sicher, dass es diesem Alien nur um mich ging und vielleicht würde es ihn verschonen.

Nun warf er seine metallische Scheibe. Rasend schnell kam sie auf mich zu und ich riss instinktiv den Ast hoch. Die Scheibe traf gegen den Ast und wurde in seiner Flugbahn abgelenkt. Zwar splitterten einige Holzstücke ab, aber der Ast hielt. Die Scheibe kehrte wie ein Bumerang zum Alien zurück und als er sie auffing, warf er sie gleich ein weiteres Mal, um mich damit tödlich zu treffen, aber erneut konnte ich sie abwehren.

Plötzlich kam mir die intuitive Idee in den Sinn, dem Alien das E-Pad zuzuwerfen. Ich konnte es mir nicht erklären, aber es war die plötzliche Sicherheit, die mich durchströmte und mir aus unbekannter Quelle diesen Rat übermittelte.

Ich nahm den Ast in die linke Hand und kramte in meiner Jackentasche nach dem Pad. Als ich es fühlte, rieb ich daran und warf es anschließend dem Alien zu. Seine Scheibe war mittlerweile zurückgekehrt, aber wie in einem Reflex fing er auch das Pad auf.

Dann gab es einen Moment der Stille.

Es warf seine Scheibe nicht ein weiteres Mal, sondern blickte auf das Pad und streichelte darüber. Immer mehr schien es durch das Pad besänftigt zu werden und dann trat etwas völlig Unerwartetes ein: Das Alien verwandelte sich zunehmend in einen Menschen. Der Kopf wurde immer kleiner, die Beine etwas länger und die metallische Haut wurde zunehmend menschenähnlicher.

Jetzt erkannte ich in einer Flut von Bildern der ganzen Geschehnisse und Assoziationen, was bis zu diesem Punkt geschehen war: Die Niederkunft des Aliens. Die Knochen. Der Absturz. Die überdimensionalen Zähne. Die Verfolgungsjagd. Die Zeitverschiebung. Der letzte Kampf fernab der Zivilisation… All diese Momente verschmolzen nun miteinander und ergaben die eine Botschaft, die ich als all diese Erfahrungen erlebt hatte.

Es war, als wollte irgendjemand mit mir kommunizieren und seine Art der Kommunikation beinhaltete die Vermittlung unmittelbarster Erfahrungen. Nun verstand ich die Botschaft und den Verlauf dieser verdrehten Geschichte. All meine Taten hatten meine Umgebung so entstehen lassen, wie sie mir in Form von direkten Erfahrungen begegnet waren. Der Alien war in diesem Teil die Hauptfigur, die dazu auserkoren wurde, mir diese Botschaft detaillierter näherzubringen.

Nun schauten wir uns an und das einstige Alien, das nun zu einem Mensch geworden war, lächelte mich an und sagte: „Endlich redest du mit mir…“

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