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Staatenlos: Souvlaki and Pork… (Teil 11)

Reisefieber und staatenlos

‚Staatenlos‘ ist eine neue Rubrik, in der ich Artikel von meiner Reise durch Europa verfasse, über die Abenteuer, die auf mich warten und mit Fotos und Videos untermalt werden. Diese Artikel erscheinen nicht immer auf der Hauptseite! Also immer wieder mal auf der linken Seite auf diese Kategorie klicken und nachschauen, ob ein neuer Artikel, ein Foto oder Video veröffentlicht wurde…

Es gibt so einiges, das man in Griechenland wissen sollte, falls man dort einmal Urlaub machen oder sich aus irgendwelchen Gründen dahinflüchten möchte. Hierzu zählt sicherlich die Tatsache, dass es auf Kreta keine Autobahnen gibt, sondern nur eine sehr lange Schnellstraße im Norden, welche man ausschließlich mit maximal 90 km/h entlangfahren darf. Doch sollte man ebenso wissen, dass diese Schnellstraße mit ziemlich vielen Blitzern ausgestattet ist. Der Witz hierbei ist Folgender…

Zuerst kommt die Warnung, dass auf der weiterführenden Strecke Radarkontrollen durchgeführt  würden. Danach wird die Höchstgeschwindigkeit auf der Schnellstraße völlig grundlos auf 60 km/h heruntergeschraubt und kurze Zeit später darf man ein zweites Schild lesen, das erneut vor Radarkontrollen warnt. Erst dann tauchen zwei Blitzer auf. Sobald man die Blitzer hinter sich hat, wird die Geschwindigkeit von 60 km/h wieder auf 90 km/h zugelassen. Weder ist die Beschaffenheit der Schnellstraße plötzlich schlechter oder anders gewesen, deshalb hat man einst die Geschwindigkeit folglich nur wegen der Blitzer reguliert. Der große Witz hierbei ist: Nicht einer dieser Blitzer funktioniert! Ich bin schon mit 100 km/h an diesen Blitzern vorbeigefahren und nichts hat sich geregt, im Gegenteil, es gab Autofahrer, die mich unmittelbar direkt vor diesen unnötigen Blitzgeräten mit 130 km/h überholten, auch wenn nur 60 km/h erlaubt waren. Unter dem Strich kann man verlauten lassen, dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen und die Blitzer völlig unnötig sind. Doch weshalb stehen sie dann dort noch? Wieso reißt man dann die Blitzer nicht ab und entfernt die hunderte Straßenschilder mit Geschwinidkeitsbegrenzungen, Geschwindigkeitsbegrenzungsaufhebungen, Radarfallenhinweisen und anderem Gedöns? Weil niemand Lust dazu hat! Es kostet Geld, diese zu reparieren oder wieder abzubauen und das Geld hat niemand.

Selbst an die Höchstgeschwindigkeit hält sich niemand. Die Griechen rasen mit sehr hoher Geschwindigkeit an einem vorbei und hupen sogar, wenn man sich vielleicht mal gedacht haben sollte, dass bei durchgezogener Linie schon niemand überholen will. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass die Schnellstraße einspurig ist – was die Autofahrt nicht nur rasant gestaltet, sondern auch für den einen oder anderen gefährlich. Doch nachdem ich kürzlich an meinem Automatikwagen einen neuen Knopf entdeckt hatte, die so genannte Overdrive-Funktion, macht es beim Überholen der langsameren Fahrer mit ihren 90 km/h besonderen Spaß. Diese Funktion verhindert es, dass höher als der dritte Gang geschaltet wird. Auf diese Weise kann man recht zügig beschleunigen und überholen.

Die Schnellstraße verfügt jedoch über einen Seitenstreifen mit durchgezogener Linie. Normalerweise darf man diese in Deutschland nicht überfahren, aber auf Kreta benutzt diese jeder als zweite Fahrspur oder auch, um einfach mal Pause zu machen. Nicht selten sieht man am Rande mal ein leeres Auto stehen. Die Kretaner sind sehr freundliche aber ungeduldige und hupgeile Autofahrer. So kann es mal vorkommen, dass bei einer einspurigen Fahrbahn und Gegenfahrbahn vier Autos nebeneinander herfahren, weil sich zwei davon gerade in einem Überholmanöver mit 130 km/h befinden. In solchen Momenten stehen dem einen oder Ausländer schon mal die Haare zu Berge. Trotzalledem wird auch eine solche Situation locker und elegant gelöst.

Während man in Italien ständig nur auf automatisierte Tankstellen trifft, bei denen man Geld in einen Automaten schiebt und dann für einen gewissen Betrag tanken darf, so hat man in Griechenland genau das Gegenteil. Die Tankstellen sind immer besetzt und sofort kommt jemand herausgelaufen, der das Tanken und Scheibe putzen übernimmt.

Sehr amüsant sind auch die griechischen Restaurants und Tavernen, die man an jeder Ecke vorfindet. Gastronomie wird in Griechenland groß geschrieben, Kreativität eher klein, denn zu 95% sind die Speisekarten der hübschen Tavernen völlig identisch! So könnte man salopp sagen, dass 95% aller Restaurants hauptsächlich Fisch, Gyros und Pommes verkaufen und die letzten 5% sind mal etwas ausgefallenere Restaurants mit einer etwas anderen Speisekarte als gewohnt. Wenn man mit meinem verzweifelten Versuch basischer Ernährungsweise hofft, in einem griechischen Restaurant auf seine Kosten zu kommen, dann muss man erst einmal mit einem der Animateure sprechen, die um das Restaurant herumlaufen und für ihr Geschäft werben.

Mich wundert es nicht, wieso die Griechen pleite gegangen sind. Das hat primär alles mit Bankgeschäften zu tun und das irgendein Land eben den Kürzeren ziehen muss, aber wenn man sich die gierige Regierung anschaut, ist es nicht verwunderlich. Beispielsweise der Immobilienmarkt. Wer ein eigenes Haus auf Kreta besitzt und es für 100.000 Euro verkaufen möchte, muss davon 24% Steuern an den Staat zahlen. Doch nicht von den 100.000 Verkaufspreis, sondern der Staat entsendet einen Gutachter, der das Haus mal locker auf 400.000 Euro schätzt, auch dann, wenn es das ganz bestimmt nicht mehr wert ist. So muss der Hausverkäufer von seinen verdienten 100.000 Euro den gleichen Betrag als Steuern abgeben. Auf diese Weise stagniert der ganze Immobilienmarkt und niemand verkauft mehr seine Häuser. Sie stehen dann irgendwo verlassen herum und niemand kümmert sich mehr um sie. Auch die Grundsteuer für ein Haus ist recht hoch. Um diese zu umgehen, baut keiner der Griechen seine Häuser wirklich fertig. Sie lassen einen Teil immer als Baustelle stehen, damit keine Grundsteuer erhoben werden kann, denn diese ist erst dann jährlich fällig, wenn der Hausbau komplett abgeschlossen wurde.

Solcherlei verplanten und unsinnigen Gesetze und gierigen Ämter, denen nicht Einhalt gebeten wird, wirtschaften das Land stark herunter. Doch darf man nicht die lockere Mentalität der Griechen vergessen. Der Straßenverkehr ist sehr locker und Polizei sieht man sehr selten. Autos fahren mit unleserlichen Autokennzeichen, defekten Rücklichtern, abgerissenen Motorhauben oder Kofferraumdeckeln herum, völlig verrostet oder quietschend und niemanden stört es. In anderen Ländern wird man bereits von der Polizei angehalten, wenn das Autokennzeichen ein wenig schief hängt. Auch ist niemand wirklich an aufwändiger Arbeit interessiert. Man steht erst nachmittags auf und die Geschäfte öffnen zumeist um diese Uhrzeit. Viele sitzen mit ihren Stühlen vor ihrem Geschäft und hoffen auf Kundschaft, während sie in ihrem Smartphone herumscrollen, sich eifrig mit anderen Ladenbesitzern unterhalten oder einfach ein wenig herumpennen. Kreta ist ziemlich gechillt, kann man behaupten, auch wenn es von Dummköpfen angeführt wird. Aber diese Tatsache ist letzten Endes nicht nur in Griechenland gegeben.

Einmal war es eine besonders witzige Situation. Ich wollte einmal noch eine Kleinigkeit essen gehen.  Vielleicht ein paar Kartoffeln mit Gemüse, Salat und ein riesiges Glas eiskaltes Wasser. Immerhin knallten gerade 30 Grad unverblümt aufs Haupt…

Als in Richtung meines Ferienhauses fuhr, erblickte ich unterwegs eine hübsche Taverne. Ich stellte den Wagen ab und stiefelte breit lächelnd auf deren Terrasse.

Schön finde ich an griechischen Restaurants auf Kreta, dass die Speisekarten vor dem Zugang auf einem Ständer frei einsehbar sind, damit man sich entscheiden kann, ob einem die Speisen zusagen und man hineingehen möchte. Zumeist kommt ein Animateur angelaufen, der einen dann freundlich einlädt. Man muss eben um Kundschaft kämpfen, vor allem, wenn nebenan noch drei weitere Restaurants um ihre Existenz kämpfen.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, kam eine alte Frau auf mich zugeschossen. Sie begrüßte mich mit einem mangelhaften Englisch und klangvollem Griechisch.

„Come… come…“, forderte sie mich auf.

Ich fragte, ob sie Kartoffeln hätten. Daraufhin nickte sie eifrig, aber ich wusste, dass die Griechen unter Kartoffeln allzu gern Pommes verstehen. Das folgende Gespräch kann ich nur in englischer Sprache darstellen, weil es andernfalls den Witz verliert…:

„Do you have potatoes?“, fragte ich.

„Yes… yes…“, erwiderte sie eifrig und wedelte mit ihren Armen, um mich gastfreundlich zu Tisch zu bitten.

„Okay, but do you have real potatoes?“

„Yes, yes… I have potatoes. I have Souflaki (Spieße), pork and I have filet, and chicken…“.

Dabei zog sie die O’s in den Wörtern in eine unglaubliche Länge, dass ich unkontrolliert lachen musste. Vor allem, weil ich schon ahnte, wie das Gespräch nun weiter verlaufen würde.

„I mean, do you have potatoes from the oven or grilled potatoes?“, versuchte ich nun zu differenzieren.

„Yes, yes, I have poootatoes, soooouuuuflaki, poooork and I have fillet… and chiiiicken!“

Dabei hantierte sie mit ihren Händen und deutete einen riesigen Teller an,auf dem sie sich ihre erwähnten Speisen vorstellte.

„Yes I know, but potatoes from…“

„Yes… yes… potatoes… and Sooouuuuuflaki, poooork and chiiiicken…“

Es war vergeblich. Für sie blieben Kartoffeln eben Pommes, daran gab es nichts zu rütteln… Auf rein telepathischer Basis war vielleicht deutlich geworden, dass sie nur Pommes hatte, aber sie war so nett und lustig, dass ich mit dem Gedanken spielte, mich einfach hinzusetzen und ihre groß angekündigten Speisen auszuprobieren, aber ich entschloss mich dann doch dazu, zur nächsten Taverne zu düsen. Jedenfalls werde ich dieses lustige Gespräch so schnell nicht mehr vergessen. Wenn man dies hier so liest, ist es vielleicht nicht so amüsant… Situationskomik halt, mit urigen Sounddateien…

Lobenswert zu erwähnen sind auf jeden Fall die Supermärkte. Man erhält dort zwar nicht immer das frischeste Obst und Gemüse, aber aufgrund des Aussehens kann man auf jeden Fall davon ausgehen, dass das meiste ziemlich unbehandelt ist und direkt vom Feld stammte. Auch ist nicht nur der Nährwert von Obst und Gemüse höher als beispielsweise in westlichen Ländern, sondern auch der Geschmack ist viel intensiver. Der krasseste Moment war, als ich einmal in ein Knoblauchbrot biss. Es war nur ein kleiner Bissen, aber es schmeckte, das hätte ich gerade fünf Zehen auf einmal gegessen. So intensiv und durchdringend war der Geschmack, dass ich noch Stunden danach dachte, ich kaue noch immer auf diesem Brot herum. Dies jetzt mal als ein Negativbeispiel, aber Paprika, Kartoffeln, Möhren, Äpfel, Birnen, Tomaten und Gurken sowie andere Früchte dieser Art schmecken derart gut und intensiv, dass man diese den ganzen Tag über ständig essen könnte. Da wird einem erst einmal bewusst, wie man sich in Deutschland an die pappigen Früchte und das fade Gemüse mit den Jahren gewöhnt hat. Nicht nur werden in Deutschland die Kerne ganz verstohlen herausgezüchtet, damit solche Firmen wie Monsanto und Bayer die Kontrolle über den Saatgutverkauf erlangen, sondern das hochgradig bespritzte und langweilig gezüchtete Gemüse schmeckt dann auch dementsprechend. Na ja, das nur mal am Rande.

Auch das Meerwasser ist derart glasklar, dass man meint, bis auf den Grund blicken zu können… und es ist verdammt salzig. Manchmal so salzig, dass man am steinigen Ufer in den Löchern der Felsen abgelagertes Salz entdecken kann. Wer gesundes und gutes Salz möchte, kann sich gleich einige Handvoll nehmen und mit nach Hause nehmen. Neben Himalaya-Salz ist dieses sehr lobenswert.

Unglaublich viele Strände und Touristenviertel mit Gärten und Pools, die in Strandnähe erbaut wurden. Doch jetzt im Oktober kann man nur noch wenige Touristen erkennen. Am meisten trifft man auf Deutsche und Engländer. Holländer und Franzosen sind eher selten zu bemerken.

Mein erstes Ferienhaus befand sich in der Nähe von Georgioupolis. Wie bereits erwähnt, hat mich dieses Dorf sehr an meine Jugend erinnert und ich fand es sehr schön dort – wenn es auch überwiegend für Touristen genutzt wurde. Nachdem ich das dortige Ferienhaus verlassen und umgezogen war, landete ich in Kolympari. Diese Stadt liegt weit im Westen, zwischen Chania und Kissamos, und ich konnte eine Wohnung finden, die einem wirklich schönen Ausblick über die ganze Stadt und das weite Meer besaß.

Als ich die neue Wohnung bezogen hatte, d.h. drei Reisetaschen aus dem Kofferraum nehmen und hineinbringen – so schnell kann ein Umzug aussehen – ging ich noch einmal zurück zum Auto, um meine Tasche mit dem Laptop zu holen. Als ich wieder zurück zur Wohnung ging, kam ich an einem Haus vorbei, dessen Wohnungstür offenstand. Zwei ältere Frauen saßen dort und schauten mich neugierig an.

Die Griechen lieben das offene Wohnen, das vermutlich durch die heißen Jahreszeiten entstanden ist. Man ließ die Türen und Fenster offen, um ein wenig Durchzug zu erzeugen und bei der Gelegenheit konnte jeder deutlich sehen, was die anderen in ihrer Freizeit so trieben. Eigentlich sorgt dies für Kommunikation und Verbrüderung, die Privatsphäre hingegen kommt natürlich zu kurz.

Als ich an der Haustür der beiden älteren Frauen vorbeigehen wollte, grüßten wir uns und die Jüngere von ihnen winkte mich gleich herein.

„Here… problema…!“, meinte die Jüngere, die offensichtlich die englische Sprache nicht beherrschte und die Tochter der Älteren war.

Es vergingen keine fünf Sekunden und schon stand ich in ihrer Wohnung. Die ältere Frau, die Mutter, war sicherlich 90 Jahre alt und besaß strubeliges, weißes Haar. Außerdem waren ihre Beine mit Verband verbunden. Sie schaute mich mit großen Augen, als wäre ich wie ein Engel durch ihre Tür gekommen, um zu helfen. Anders konnte ich mir diesen Blick nicht erklären. Sie grinste breit und ihre allzu matten Augen begannen zu strahlen.

Offenbar hatte mich das „Schicksal“ in dieses Haus geführt, denn sie wollten Hilfe. Das Haus war sehr ärmlich und klein. Geld für einen Arzt konnte sich niemand leisten und wurde auch selten gern in Anspruch genommen. Sie hatten vielleicht gehofft, dass ich helfen könnte.

Doch die Tochter konnte kein Englisch und ich kein Griechisch. Super! Doch plötzlich kam aus der Küche dieser Wohnung eine weitere Frau herein, die vermutlich gerade zu Besuch war. Sie konnte ein wenig Englisch.

Sie boten mir einen Platz an und schnell standen lauter Kekse auf dem Tisch. Ich fragte dann nach, was denn mit ihrer Mutter sei. Ich versuche im Folgenden das Gespräch aufgrund der englischen Worte,´ßAndeutungen, telepathischen Botschaften und nonverbaler Kommunikation zusammenzusetzen:

„Sie hat schon lange nicht mehr gesprochen. Und jetzt ist sie krank. Sie kann nicht mehr laufen und ihre Beine tun ihr dauernd weh“, wurde mir erklärt.

Während sie mir das erklärte, ließ mich die alte Frau bzw. die Mutter nicht mehr aus den Augen. Jede Sekunde fixierte sie mich, beobachtete all meine Bewegungen und war wie gebannt.

„Ich werde sehen, was ich tun kann…“, sagte ich einfach, ohne zu wissen, was ich eigentlich geplant hatte. Es war eine intuitive Aussage, ganz plötzlich und so, dass ich mich kaum dagegen wehren konnte.

„Ich komme bald wieder und werde etwas für Ihre Mutter mitbringen“, sagte ich gerade heraus.

Sie wollte nicht, dass ich ihnen etwas mitbringen sollte. Erst nach einigen Sekunden verstand ich, dass sie befürchteten, es würde Geld kosten.

„Nein, nein, es wird nichts kosten. Ich bringe es das nächste Mal als Geschenk mit… ein magisches Mittel, das die Beine wieder gesund macht.“

Sie freuten sich wie die Schneekönige und ich verabschiedete mich.

Am nächsten Tag traf ich eine Freundin auf Kreta, der ich mein kurzes Erlebnis mitteilte. Sie erklärte  überraschenderweise, dass sie zu Hause zufälligerweise noch eine Salbe habe, die optimal für die Beine sei und gut helfen würde. Sie gab mir die Salbe. Ich dachte mir, dass dies bestimmt eine gute Idee wäre, der alten Frau in der nächsten Zeit die Salbe vorbeizubringen.

Zwei Tage später stand wieder einmal die Tür der Familie offen. Die Tochter winkte mich freudig herein. Leider war die Übersetzerin nicht da. Somit war ich nur noch auf Telepathie und nonverbale Kommunikation angewiesen. Wie gewohnt, werde ich versuchen, das Gespräch wieder zusammenzusetzen:

„Setzen Sie sich, setzen Sie sich. Hier essen Sie leckere Kekse,“ meinte die Tochter.

Ich bedankte mich für die Gastfreundschaft und holte die Salbe heraus:

„Ich habe, wie versprochen, eine magische Salbe mitgebracht, die nun helfen wird, dass die Beine wieder gesund werden…“

„Schauen Sie, schauen Sie, meine Mutter geht es schon wieder viel besser… und sie spricht auch wieder!“

Und wie sie sprach! Kaum wurde ihr Name genannt, begann sie auch gleich loszureden. Sie wollte meinen Namen wissen und aus welchem Land ich denn käme.

„Ich bin Deutscher und mein Name ist Johnny“, sagte ich.

Hier in Griechenland wählte ich gern diesen Namen, denn man kannte ihn aus Filmen und war leicht einprägsam. Jonathan wäre vielleicht ein wenig missverständlich gewesen, wenn ich ihn zudem noch deutsch ausgesprochen hätte.

„Aus Deutschland?“, meinte die Mutter.

„Richtig…“

Sie schaute mich wissend an und nickte mit dem Kopf:

„Sie wissen ja, was wir früher mit den Deutschen gemacht haben, als die hier waren…?“, sagte sie und strich mit ihrem Zeigefinger einmal waagerecht über ihre Kehle.

Ich hatte bereits davon gehört, dass die Griechen ganz gern mal mit einem Messer daherkommen, wenn es Ärger gab. Immerhin befanden sich in größeren Städten überall Messergeschäfte, in denen man von Taschenmesser über Samuraischwerter, mittelalterliche Schwerter, aber auch viele andere Dolche und Klingen recht preiswert erwerben konnte. In Deutschland hingegen wird man schon zu Boden geworfen, wenn man einmal mit einem Klappmesser erwischt wird und erhält eine hohe Geldstrafe, aber in Griechenland sind Messer frei erhältlich und sehr beliebt. Man erinnere sich bei dieser Gelegenheit vielleicht an die von mir erwähnten durchschossenen Straßenschilder, die es im Süden zu sehen gab oder an die Hochzeit, in der mitten in der Nacht häufig und eifrig geschossen wurde. Waffen waren hier ziemlich verbreitet. Der Wilde Westen Mexikos hatte sich ein wenig auf Kreta ausgebreitet. Es war fast so, als konnte man alles in Kreta wiederfinden, was man in der Welt entdecken konnte. Ein wenig Italien, etwas Deutschland, der Wilde Westen, Mexiko, Arabien, Türkei, Marokko und viele andere Länder. Außerdem noch die vielen unterschiedlichen Namen, die eine jede Stadt hier besaß. Es war schon verblüffend. Als würden hier alle möglichen Energien, Kulturen und Länder zusammenlaufen.

Ich lachte, als die alte Mutter mir angedeutet hatte, dass man früher den Deutschen hinterrücks die Kehle aufgeschnitten hatte. Für einen winzigen Moment überlegte ich, ob ich hier jemals wieder herauskam… aber dann schnappte sich die weißhaarige alte Mutter ein Fotoalbum und zeigte mir ihren verstorbenen Ehemann, der ein bekannter Tänzer gewesen war.

So saßen wir dort noch eine Weile und unterhielten uns, ohne uns wirklich zu unterhalten. Mutter ging es wieder besser und hatte durch unsere Begegnung auf wundersame Weise zu neuer Kraft und Energie gefunden. Auf diese Weise konnte sie ihrer Familie noch ein wenig erhalten bleiben.

Irgendwann verabschiedete ich mich von ihr und versuchte ihr zu erklären, dass ich vielleicht noch einmal mit einer Übersetzerin wiederkomme, die etwas Griechisch kann…

Ein wenig beleidigt waren sie schon, als ich so schnell wieder gehen wollte, aber ich hatte schon eine ganze Weile dort verbracht und mein eisgekühltes Wasser musste längst wieder in den Kühlschrank gestellt werden.

Sie bedankten sich für die Heilsalbe und ich ging in meine Wohnung, die eine traumhafte Aussicht über die Stadt und das Meer besaß…

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