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Staatenlos: Städte-Hopping in Italien (Teil 2)

Reisefieber und staatenlos

‚Staatenlos‘ ist eine neue Rubrik, in der ich Artikel von meiner Reise durch Europa verfasse, über die Abenteuer, die auf mich warten und mit Fotos und Videos untermalt werden. Diese Artikel erscheinen nicht immer auf der Hauptseite! Also immer wieder mal auf der linken Seite auf diese Kategorie klicken und nachschauen, ob ein neuer Artikel oder Foto oder Video veröffentlicht wurde…

Die Reise begann am Montagmorgen um halb neun. Das Navi zeigte knallharte 830 Kilometer bis Venedig. Diese wollten doch gern in einem Rutsch abgefahren werden, dachte ich mir entschlossen. Also packte ich das Auto voll mit meinen Reisetaschen und anderem Kram und begab mich auf die Reise. Im Sinn lag mir, ein wenig Städte-Hopping in Italien zu betreiben, dies will heißen, jeden Tag eine andere Stadt…

Zuerst war also Venedig an der Reihe. Ich wollte die Stadt schon immer einmal sehen. Die verträumten Wasserstraßen und alten zerfallenen Gebäude, die romantischen Gondeln sowie die Atmosphäre der verzauberten Gassen zu spüren. Es stellte sich als wahr heraus, denn unzählige kleine Gassen, bis ins letzte verwinkelt, treiben sich durch ganz Venedig, führen an vielen Ufern entlang zu unzähligen Touristengeschäften, Cafés und Wasserwegen. Vorbeidüsende Wassertaxis und Policia, aber auch Straßenhändler und aufdringliche Rosenverkäufer mit rücksichtsloser Vorgehensweise, nur, um an ein paar Euros zu kommen, sind an der Tagesordnung. An manchen Stellen darf man sich gern auf Korbsesseln oder Bistrostühlen ans Ufer setzen und den vorbeirauschenden Booten und Gondeln zusehen. Eine sehr schöne Stadt, musste ich feststellen. Leider sind die Gondelfahrten mittlerweile dermaßen teuer geworden, dass sie so gut wie gar nicht mehr genutzt werden. Für eine kleine Rundfahrt darf man gleich 80 Euro in bar hinblättern und lässt schnell Zweifel aufkommen. Somit sieht man so gut wie keine Gondeln mehr auf dem Wasser.

Ich traf unterwegs auf zwei deutsche Punks, offenbar ein Pärchen, das mit ihrem Hund am Straßenrand saß und auf eine milde Gaben hoffte. Wir kamen kurz ins Gespräch und die beiden erklärten mir, dass zumindest er seit Anfang 2000 durch ganz Italien ziehe, ohne auch nur einen Euro für die Reise ausgegeben zu haben. Seine mittelblonde Irokesenfrisur voran, war es mir eine Freude, ihm einige Euro zu überlassen. Er bedauerte zutiefst, dass die Venezianer ihre Stadt zunehmend zu einem rein profitorientierten Ort degradierten. Nicht nur aufdringliche Verkäufer, sondern ausgebuffte Restaurants machten es sich zum Hobby, Touristen systematisch auszunehmen. Betritt man ein Restaurant, stürmt ein Kellner herbei und lockt mit leckeren Speisen auf der Speisekarte. Stimmt man zu, erhält man gleich Getränke, bei denen eine Wasserflasche für 35 Cent auf den Tisch gestellt wird, aber man mit einer Berechnung von 6-8 Euro rechnen muss. Auf der Karte wird das Gericht so dargestellt, als sei es sehr üppig, aber es wird nur die Hälfte von dem serviert, was normalerweise üblich ist. Die Rechnung erhält man schnell, aber mit Wechselgeld kann man nicht rechnen. Flink verschwindet der Kellner mit dem Schein im Restaurant und ward nie wieder gesehen. In dieser Manier ist es also zu empfehlen, sich besser ein Restaurant im Vorort auszusuchen. Doch für mich war es an diesem Tage nicht entscheidend, denn ich wollte auch einmal das Flair im Ganzen erleben, ganz unabhängig von den Tricks und Schlichen der dort ansässigen Gastronomie.

Häufig erblickte ich Pärchen, die in Pizzerias saßen und miteinander turtelten. Die Stadt der Liebenden und Romantiker besaß nun einmal ihren Ruf, wohl wissend, dass diese irgendwann einmal untergehen wird.

Wirtschaftlich gesehen ist Italien bereits in einer Notsituation. Die eingeführte Maut-Gebühr, die mit ihren ca. 8 Cent pro gefahrenen Kilometer sehr hoch ist, hält die Autobahnen ziemlich frei und erlaubt nur den Reicheren die Nutzung. Der Verkehr verlagerte sich daraufhin mit einem riesigen Anteil auf die kostenfreien Landstraßen. Dies wiederum sorgte dafür, dass viele Geschäfte und Häuser, die an den Landstraßen liegen, sich einem Wust von durchfahrendem Verkehr gegenüber sahen, der nicht nur ständiges Gehupe, Gerufe und unterschwellige Aggressionen mit sich brachte, sondern auch eine unangenehme Verpestung der ländlicheren Umgebung. Daher verließen die meisten Geschäfteinhaber und Privatpersonen die Dörfer und Häuser nahe den Landstraßen und mittlerweile säumen nur noch tausende leerstehende Häuser und wahllos aufgestellte, riesige Werbetafeln sowie automatisierte Tankstellen den Weg nach Venedig. Ganz zu schweigen von all den LKWs mit ihren Ladungen, die aus finanziellen Gründen ebenfalls die Landstraßenvariante nutzen und somit der gesamte Güterverkehr auf das Unendliche hinausgezögert wird und die Wirtschaft immer mehr zum Erliegen bringt. Ein Trauerspiel ungünstiger Organisation und kurzsichtiger Geldgier. Italien zeigt sich also vor allem auf diesem Wege nicht von seiner besten Seite.

Die bessere Seite zeigt sich jedoch in Südtirol und um den Brennerpass. Wunderschöne Berge und Wälder, falls man die Autobahn wählt, fallen in den Blick und lassen träumen. Traumhafte Dörfer, die auf Hügeln liegen und den Bewohnern einen unglaublichen Ausblick bieten. Man fragt sich zwar ständig, wie diese wohl versorgt werden, aber spielt doch mit dem Gedanken, dort vielleicht mal eine Weile zu leben.


Alte Burgen sind immer wieder unterwegs zu erblicken, die teilweise gut erhalten sind. Sie wirken wie magische Plätze, die hoch oben auf Hügeln thronen und einladen, kurz die Bahn zu verlassen und mal anzuhalten, den Weg zur Burg hochzulaufen und durch die eine oder andere Ruine zu wandeln. Wirklich sehr zu empfehlen und sorgt für magische Momente.

Venedig ließ ich also hinter mir und fuhr weiter nach San Marino. Hier wollte ich den Abend in sommerlicher Abendhitze verbringen und ein Hotel aufsuchen. An der Rezeption drückte man mir gleich freundlich lächelnd den Schlüssel in die Hand… „Sie haben Zimmer Nummer 101…! Das kam mir doch irgendwie bekannt vor…

(Teil 3 folgt in Kürze)

 

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