Gedanken eines Träumers

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Gedanken eines Träumers

Eine Kurzgeschichte von © Jonathan Dilas


Die Fragen, die uns bestürmen und erschüttern mögen, die einhergehen mit der am Horizont aufziehenden Notwendigkeit, das Auflösen der neuen Erinnerungen aus dem Beschreiten verzaubernder Traumpfade zu vereiteln, uns erneut Hoffnung tragen lassen, der Wahrheit einmal zu begegnen und ihr ins Antlitz zu blicken. Wir sind aus einer Welt, in der man zu sterben fürchtet und in den Augen der Augen erkenne man den Leib im Leib, rücklings in kleinen Schritten, damit sich das Ungeheuer in verwegenen Schattenspielen entferne, das uns zu blenden liebt, damit sich der Himmel neu besterne, wie wir es nicht gewohnt.

Seien sie nun bewusst oder unterbewusst, unsere nächtlichen Wanderungen in Vergangenheiten, parallele Realitäten oder gar ferne Welten, abstrus und kompliziert zu erfassen, so möchte sich der mutige Reisende für die nächtlichen Schlachten wappnen, die er zu durchstehen, wenn er die Frage nach den Wahrheiten stellt, die in unserer Psyche schlummern. Die schlimmsten Ungeheuer, vor Finsternis zuckend, rasen in unvorstellbarer Geschwindigkeit herbei und verjagen den beherzten Träumer, doch im Moment der Selbsterkenntnis und gewonnener Luzidität befreit er sich von den Schatten seiner verlogenen Vergangenheit und tänzelt auf den Seilen der Welt, wissend, woher er wirklich gekommen ist und wer er tatsächlich ist.

Ich kenne nur zu gut dies seltsame Gefühl, wenn man sich mit der vertrauten Realität dermaßen identifizierte, dass man nur noch von einem Tage zum anderen eifert, in der Hoffnung, endlich das beenden zu können, was einst begonnen. Sei es hierbei die niemals endenwollende Arbeit, Liebe oder Hoffnung, doch wenn die drängenden Gedanken einem das intuitive Wissen aus dem Kopfe zieht und sich der Orbit ausschließlich von Grübeleien ernährt, so ist die Identifikation abgeschlossen und derjenige weiß nicht mehr, wer er nun wirklich ist. Zur Erinnerung mag er seinen Ausweis hervorkramen und einen Blick wagen, doch er wird belogen werden.

Ist sein Blick ganz zerzaust und zermürbt oder stemme er sich von einem Ast zum anderen, zwischen dem Jetzt und einer ungewissen Zukunft, deren Ankerpunkt nur aus einem mit privaten Gegenständen gefüllten Zimmer und einer Kiste mit Fotos aus seiner vermissten Vergangenheit besteht, mag man sich einmal getrauen zu fragen, ob dies alles ist, was in seiner Realität Platz finden konnte. Was mag nur jenseits der Worte und der vertrauten Alltagswelt so unbekannt dahinschweben, so zart und eben, dass es dem eifrigen Ego entgeht? Wo nur beginnt der Pfad, der der zum Reisen gewillte Mensch so fieberhaft aufzudecken versucht? Welcher beherzte Pionier mag uns den Wink geben, der uns beflügelt?

Wie stark entrückt es doch unsere Iris, wenn wir unseren Pfad endlich erkennen, sei sie unter Furcht, die in ihrer Stärke Seelen verbiegen kann oder in einem Wagemut ohnegleichen. Nichtsdestotrotz liegt es stets an jedem Menschen selbst, den entdeckten Pfad zu schreiten und sei es, bis zu seinem Tode.

(Eine fantastische Kurzgeschichte von © Jonathan Dilas)

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